Blogbeitrag
Der Zauber der Co-Kreation
Bürger:innen, Verwaltung und Politik entwickeln gemeinsam Projekte - geht das wirklich? Im Klimabudget der Stadt Wien begleiteten wir kleinere Ideen partizipativ zu Projekten.
Mit dem Wiener Klimateam geht die Stadt Wien neue Wege der Beteiligung und Kooperation. Wiener:innen sind eingeladen, ihr Lebensumfeld selbst mitzugestalten und Ideen für den Klimaschutz gemeinsam mit Politik und Verwaltung in die Umsetzung zu bringen. Im Auftrag der MA20 – Energieraumplanung haben wir den co-kreativen Prozess gemeinsam mit PlanSinn begleitet.
Eben wurden die 19 Projekte präsentiert, die von drei repräsentativ gelosten Bürger:innenjurys in den Pilotbezirken Margareten, Simmering und Ottakring zur Umsetzung ausgewählt wurden. Aber wie kam es überhaupt zu den Projektideen und was ist neu an deren Entstehung? Anhand des Wiener Klimateams möchten wir reflektieren, welcher Zauber in der Co-Kreation liegen kann.
Von der Idee zur Projektskizze
Was kann im Grätzl gegen die Klimakrise und deren Auswirkungen unternommen werden? Mit diesem Aufruf an Bewohner:innen der drei Pilotbezirke wurden online, per Post und bei Aktionen in den drei Bezirken mehr als 1.100 Ideen gesammelt. Auch durch die Zusammenarbeit mit lokalen Mulitplikator:innen konnten unterschiedlichste Perspektiven und Vorschläge in die Ideensuche einfließen. Von der Gebietsbetreuung über Jugendzentren bis zur Lokalen Agenda oder Sozialarbeiter:innen unterstützen im Bezirk bereits verankerte Institutionen das Wiener Klimateam.
Im Anschluss überprüften Expert:innen der Stadt Wien dienststellenübergreifend gemeinsam mit Vertreter:innen der Bezirke, ob und wie die Ideen wirksam und umsetzbar sind. Sie nominierten 238 Ideen zur gemeinsamen weiteren Ausarbeitung für die „Co-Kreation“.
Klassische Entscheidungsstrukturen aufbrechen
Ziel war es, Wiener:innen nicht nur in die Ideengenerierung miteinzubeziehen, sondern gemeinsam möglichst wirksame Projekte für ein gutes Stadtklima zu erarbeiten – eben zu co-kreieren. Dafür braucht es neue Räume – sowohl mental als auch physisch –, um klassische Hierarchien und Rollen zu überwinden.
In speziellen Workshops wurden Ideengeber:innen eingeladen, an gemeinsamen Planungstischen Ideen mit Magistratsangestellten, Bezirkspolitik und lokalen Organisationen direkt zu Projekten weiterzuentwickeln.
Wer ist eigentlich Expert:in?
Das Novum: unterschiedliches Wissen trifft so direkt aufeinander und entfaltet im Austausch miteinander neue Dynamiken und Innovation im Entscheidungsprozess.
In kleinen Arbeitsgruppen konnten alle Teilnehmende ihre Expertisen einbringen: über den Alltag und Bedürfnisse im Grätzl, Möglichkeiten und Grenzen technischer Umsetzbarkeit oder inspirierende Beispielprojekte.
Neue Perspektiven durch Rollenwechsel ermöglichen
Im Prozess konnten Teilnehmende in neue Rollen schlüpfen. So traten Bewohner:innen freudvoll in die Rolle von Planer:innen und lernten in der Arbeit mit Magistratsmitarbeitenden auch die technischen Rahmenbedingungen für Projektumsetzungen in der Stadt kennen. Gleichzeitig konnten sich Expert:innen der Stadt Wien in die Perspektive von Bewohner:innen und anderer Dienststellen eindenken. Das ermöglichte bestehende Silos aufzubrechen und gemeinsam ins kreative Gestalten zu kommen.
Gemeinsame Spielregeln und ein offenes Mindset für Co-Kreation schaffen
Wichtig dabei war, ein gemeinsames Verständnis für den Prozess zu etablieren und ein offenes Mindset für die kollaborative Arbeit zu schaffen. Das galt es sowohl in den Settings der Workshops als auch schon zuvor in der Kommunikation mit den Teilnehmenden zu entwicklen.
Magistratsmitarbeiter:innen konnten sich beispielsweise in vorbereitenden Workshops auf die neue Zugangsweise und Rollenaufteilung im Entscheidungsprozess einstellen. Auch vor Ort in den Workshops war das Hereinholen aller Beteiligten ein wichtiger erster Schritt. Einfache Spielregeln halfen bei der gemeinsamen Arbeit: Respekt und Wertschätzung für alle Teilnehmenden, offen zu sein für Neues und das gemeinsame Ziel wirksamer Projekte im Auge zu behalten.
Flexibles Arbeitssetting gestalten
Im Raumsetting und der Gestaltung der Workshops achteten wir darauf, flexibles Arbeiten zu ermöglichen. Dazu wurden die nominierten Ideen auf Pinnwänden aufgehängt, die von Teilnehmenden zur weiteren Bearbeitung gepflückt werden konnten.
In einem flexiblen Raumsetting entwickelten Teilnehmende in Kleingruppen die Ideen zu Projektskizzen weiter, wobei je nach Thema unterschiedliche Perspektiven eingeholt werden konnten. Bei der Ausarbeitung half eine Projektvorlage mit relevanten Fragestellungen zu klimarelevanten und sozialen Wirkungen wie auch ersten Umsetzungsschritten.
Projektportraits als Entscheidungsgrundlage der Bürger:innen-Jurys
Insgesamt wurde in den drei Pilotbezirken 102 Projektportraits erarbeitet. Die kollaborativen Herangehensweise nahm viele ursprüngliche Ideen mit und entwickelte sie zu größeren Ideen. Einzelne Ideen zur Kühlung, Begrünung und Verkehrsberuhigung der Ottakringer Straße wurden beispielsweise zu einem Konzept für einen Klimaboulevard mit mehreren Abschnitten entwickelt.
Nun liegt die Entscheidung der Bürger:innenjurys vor, welche 19 Projekte in den Pilotbezirken umgesetzt werden. Eines wissen wir aber schon jetzt: Ideengeber:innen und Mitarbeitende der Stadt Wien zogen viel Energie aus dem dynamischen Prozess und schätzten die neue partizipative und co-kreative Herangehensweise mit der die großen Herausforderungen unserer Zeit konstruktiv angegangen werden konnten.