Blogbeitrag

Wege aus der politisch motivierten Lüge

Das #GovCamp Vienna 2016 war der ideale Ort, um in einer interessierten Runde die Beweggründe für die politische Lüge und Lösungsansätze zu diskutieren.

Ob Boris Johnson in Großbritannien oder Donald Trump in den USA, Populisten und Nationalisten nützen mit politischen Falschaussagen die Logik der Medienberichterstattung zu ihren Gunsten, kreieren eigene Wahrheitsräume in Sozialen Medien und punkten bei den WählerInnen. Das gezielte unkenntlich machen der Wahrheit hat auch in Österreich Einzug gehalten. 24 Mal bezichtigte Norbert Hofer in der letzten TV-Konfrontation vor der Wahl zum Bundespräsident seinen Widersacher, Alexander van der Bellen, der Unwahrheit.

Gründe und Lösungen für die politische Lüge

Das #GovCamp Vienna 2016 war der ideale Ort, um in einer sehr interessierten Runde die Beweggründe für politische Lügen und Lösungsansätze zu diskutieren. Als Input diente ein Artikel von Ned Resnikoff: Trump’s lies have a purpose. They are an assault on democracy. Er analysiert Putins Berater und zeigt eine Strategie der permanenten Verunsicherung der Öffentlichkeit auf. Das Ziel ist es, keine geeinte Opposition aufkommen zu lassen, um einem starken Führer das Gewinnen und Ausüben von Macht und Kontrolle zu erleichtern. Dazu soll auch der Krieg in der Ukraine beitragen.

Resnikoff sieht diese Vernebelungstaktik und Manipulation der eigenen Wahrnehmung nun durch Trump und seine Berater übernommen. Mit einem nicht enden wollendem Strom an Falschmeldungen wird die Unterscheidung zwischen wahr und falsch zunehmend schwieriger. Zudem werden die Lügenberichte durch „fake news sites“ verstärkt, und durch Soziale Medien angeheizt. In diesem Nebel an Unwahrheiten verlieren viele ihr Vertrauen in jegliche Nachrichten und werden in ihrer eigenen Meinung verunsichert.

An dieser Stelle wird die Grundlage unseres demokratischen Systems angegriffen – das Konsens-Prinzip. Denn wenn es keine gemeinsame Diskussionsgrundlage zu grundlegenden Fakten wie dem Klimawandel, einem Vorgehen oder den Werten wie den Menschenrechten gibt, gibt es auch keine politischen Aushandlungsprozesse mehr. Der Entscheider bemüht sich nicht mehr um einen Interessensausgleich, sondern geht vielmehr unter Umgehung der demokratischen Prozesse machtpolitisch vor.

Das Ergebnis unserer Diskussion zu den Lösungswegen war sehr konkret:

  • Höhere Auflagenzahlen, Quoten und Klicks freuen zwar Medienunternehmen, fördern aber nicht die Entwicklung unserer Gesellschaft. Eine neu aufgestellte Medienförderung muss das Wohlergehen der Gesellschaft im Auge haben. Sie soll nicht Demokratie aushöhlende oder krank machende Medienlogiken unterstützen.
  • Zur Stärkung unserer Demokratie ist die Förderung von Medienkompetenz wie auch Ressourcen für Qualitätsjournalismus, Faktenchecks und Unwahrheiten aufzeigende Recherchen unumgänglich. Qualitätsvolle Diskursformate, wie sie Hans Hagedorn mit dem „Design Award“ für Partizipation vorschlägt, stützen die Demokratie und sollen ausgebaut werden.
  • Falschmeldungen verbreiten sich oft über Emotionen. Damit Richtigstellungen die Menschen auch erreichen, soll ein emotionaler Teil dabei nicht fehlen.
  • Soziale Medien haben eine gesellschaftliche Verantwortung. Sofern sie diese nicht selbst wahrnehmen, müssen sie durch die Gesetzgebung in die Pflicht genommen werden, Unwahrheiten nicht durch ihre Algorithmen zu fördern.
  • Auch Technische Hilfsmittel zur Richtigstellung und Dekonstruktion von Falschmeldungen und Gerüchten wie Browser-Extensions („Achtung, Sie teilen einen Inhalt, der als falsch eingestuft wurde.“) oder Chat-Bots könnten unterstützen. So entwickelt gerade ein Team in Österreich unter dem Namen hoaxly eine Lösung dazu.

Die Teilnehmenden der Session waren positiv überrascht über das konkrete Ergebnis nach einer knappen Stunde. Hiermit komme ich ihrem Wunsch nach einer Ergebnisdokumentation nach. Wer auf die anderen Sessions oder Fotos des #GovCamp Vienna 2016 neugierig geworden ist, findet hier weitere.